Indien Februar
Bert und Catharina bleiben noch ein paar Tage in Agonda, Alex will auch bald seinen Schaden am Bus reparieren lassen. Ein Trecker hat das halbe Auto aufgeschnitten. Wir gehen gemeinsam essen und haben eine schöne Zeit. In Agonda ist immer etwas los. Viele kommen uns einfach besuchen um ein Schwätzchen zu halten, andere bleiben über Nacht, so wie Blaz. Er ist aus Slowenien und kommt gerade, mit seiner geliehenen Enfield, aus Rishikesh. Dort hat er, wie auch in seiner Heimat, als Guide auf einem der Wildwasserboote gearbeitet. Wir haben viel zu erzählen, Blaz träumt vom Reisen im LKW, was mir natürlich gefällt und ich ins schwärmen komme. An seiner Enfield sind die vorderen Radlager zu tauschen, was wir gemeinsam recht schnell erledigen und die Fischer freuen sich nach dem Ölwechsel über das Altöl vom Moped. Die Boote gleiten jetzt viel besser, nachdem die Gleithölzer mit Öl bestrichen sind. Ich tausche die Vorderräder und schmiere den Ino ab. Nach mehr als 100 000 Kilometern sind die Reifen recht schief und wellig abgefahren und sie müssen noch ein wenig halten. Einige Hunde haben sich unter dem Ino breit gemacht und lassen sich beim Mittags-Schläfchen nicht weiter stören.
Am Morgen fahren wir in das Krankenhaus in Chaudi. Wenn wir schon die Möglichkeit haben einen indischen Ayurveda Arzt zu kontaktieren, dann kommen alle Wehwehchen auf den Tisch. Der Arzt hört sich unsere Problemchen an und gibt uns gleich ein paar Atemübungen, Tabletten und flüssige Medizin. Vorher haben wir uns am Eingang angemeldet und jeder hat 20 iR bezahlt, das sind die gesamten Kosten!!! Am nächsten Tag sollen wir in seine Privat-Praxis kommen. Wir bekommen dort noch andere Medizin für unsere Wehwehchen und “alles wird gut“!!! Ellen bekommt ein paar Tabletten zur “inneren Reinigung“ und es scheint zu wirken. Nachdem ich eine ganze Wassermelone alleine gegessen habe fühle ich bei mir auch eine gewisse Selbstreinigung!!!
Wir machen Ausflüge der Küste entlang, besuchen das Cabo de Rama und schauen uns die Ruine der Festung an.
Der Internetempfang in Indien ist recht gut, mit unserer Airtel Karte sind wir recht zufrieden, allerdings ist in Agonda kaum Empfang. Wir besorgen uns eine Vodafone SIM Karte, die auch hier 3G Empfang bietet, die Aktivierung dauert nach mehrmaliger Nachfrage 4 Tage.
Es gibt leckeren Disco-und Tintenfisch, beides sehr zu empfehlen. Der Tintenfisch wird in kleine Scheiben geschnitten in Öl und Knoblauch eingelegt und in der Pfanne ausgebraten.
Wir haben im Oman zwei nette Tage mit Claudia verbracht, sie ist uns einfach über den Weg gelaufen und das macht sie jetzt gerade noch einmal. Sie steht plötzlich vor dem Ino!!! Was für ein Zufall. Hier arbeitet sie als Therapeutin und Ellen bekommt am nächsten Tag eine WasserShiatsu. Es ist eine Art Unterwassermassage im angenehmen, beheiztem Wasserbecken, die Beine bekommen vorher Auftriebskörper. Nach einer Stunde drehen und wenden ist wohl jeder maximal entspannt. Am Abend kochen wir gemeinsam, Claudia zaubert uns auch einen leckeren ayurvedischen Nachtisch mit Avocado, Kakaopulver und Gewürzen.
Die Tage in Goa vergehen echt schnell. Langweiiig ist es nie, wenn keine Overlander da sind, kommen immer wieder nette Besucher vorbei und da und dort haben wir das Gefühl einige mit unserer Reise motivieren zu können.
Zugegebenermaßen bin ich kein wirklicher Romantiker, aber so ein runder Geburtstag ist schon etwas besonderes. Ellen wird morgens mit einem Sektfrühstück geweckt, anschließend wartet die ayurvedische Massage. Kaum zurück steht der Geburtstagskuchen auf dem Tisch. Ellen ist schon hin und weg, aber das Beste kommt am Abend. Ich habe bei Dirk (Monsoon Restaurant) einen Tisch am Strand inklusive Dekoration bestellt. Volle Punktzahl!!! Spätestens jetzt weiß Ellen warum sie mich geheiratet hat, haha. Ich muss zugeben, auch mir hat es wirklich Spaß gemacht!
Jeden Tag korrespondieren wir mit einigen Agenten oder direkt mit der Verschiffungsfirma. Unglaublich wie kompliziert alles ist. Das Vorhaben Flatrack haben wir aufgegeben, da der Preis sich verdreifacht hat. 7000 $ ist uns zu viel. Es bleibt also nur RoRo, was hoffentlich deutlich günstiger wird. Am Ende kristallisiert sich Seco Shipping als einziger zuverlässiger Partner heraus. Da in der Woche vor der Verschiffung 2 Feiertage alles lahmlegen wird es spannend.
Auf dem Weg nach Mumbai halten wir sehr gerne wieder bei Ishaan und seinem Vater Micky an. Am Abend werden wir von der Motorradgruppe, die wir beim MTM kennengelernt haben zum Essen eingeladen. In einem feinen Restaurant werden sehr leckere Speisen serviert, das Bierglas wird auch nie leer, vielen Dank an die nette Truppe!!! In der kleinen Kart-Fabrik KnK werden immer wieder neue Sachen entwickelt. Eines dieser Teile dürfen wir ausprobieren. Der Buggy macht ein sehr durchdachten Eindruck, der stabile Käfig lässt sich mit einem Handgriff öffnen und der Honda Motor ist kräftig genug um Spaß zu haben.
Wir müssen für die Verschiffung alles vorbereiten. Eine Holzplatte verschließt zusätzlich zu unserem Rollo den Durchgang, das Glas in der Dachluke wird mit einer Aluplatte abgedeckt. Das Ersatzrad kommt vom Dach in die Garage, es geht saugend, aber es geht. Mit der Demontage der Markise und dem Haltegriff sparen wir weiter Volumen ein. Der Preis wird nach qm berechnet. Wir bekamen Angebote zwischen 85 und 150$/qm. Ein Angebot lag zum Schluss nach Verhandlungen bei 55$. Bei fast 70 qm kommt einiges zusammen und nicht zu vergessen sind die etwa 1000$ Handlings-Kosten, da wir mit 2 Carnet unterwegs sind. Wir sind schon gespannt wie das alles ausgeht, für uns die erste wirkliche Verschiffung.
Wir starten in die Höhle des Löwen und fahren nach Mumbai. Martin, den wir in Leh kennengelernt haben hat uns in sein Hotel eingeladen. Angekommen bekommen wir ein schönes Zimmer im drei Sterne Hotel Sai Palace, ca 1,5 Kilometer vom Flughafen entfernt. Am Abend essen wir mit Martin sehr ausgiebig im guten Hotelrestaurant. An dieser Stelle schon einmal vielen Dank für die unglaubliche Gastfreundschaft!
Am nächsten Morgen gehen wir das Thema Verschiffen an. Wen es interessiert, kann den nachfolgenden Artikel lesen.
Abenteuer Verschiffung
Um kurz vor 6 Uhr ist die Nacht zu Ende, wir wollen zu Mustafa, dem Agenten. Um diese Uhrzeit geht es ganz gut, nach einer Stunde haben wir die 35 Kilometer geschafft und finden auch wieder einen Parkplatz. Pünktlich um 10 Uhr sitzen wir im Büro und besprechen das Vorgehen. Wir wollen selber im Hafen das Auto dem Zoll vorführen, was nicht wirklich einfach ist. Wir treffen im Büro Mia und Brecht, die ihren VW-Bus im Container nach Europa verschiffen. Anschließend gehen wir zum Custom Office. Dort holen wir das vor Monaten ausgestellte Formular für die Verlängerung des Fahrzeug-Aufenthaltes ab und fragen nach einer Möglichkeit in den Hafen zu kommen. Die netten Mitarbeiter erklären uns nach einigen Telefonaten, dass wir einen NOC benötigen und einen Schein vom yellow Gate.
Am Ino treffen wir Brecht und Mia und gehen gemeinsam essen. Mustafa hat mit dem Custom Office telefoniert und erklärt uns, wohin wir gehen müssen um die Genehmigung zu bekommen. Mit dem Taxi fahren wir die kurze Strecke zum yellow Gate und finden auch die Polizeistelle. Dort sorgen wir für ein wenig Aufregung aber keiner will verantwortlich sein. Man schickt uns weiter zum Agenten mit dem der Verantwortliche gesprochen hat. Wir laufen ein paar Meter weiter und fragen uns am Gate durch nach einen "one day pass". Letzlich landen wir in einem Büro, der Mitarbeiter erklärt uns nach etwas Diskussion, dass es doch möglich sein könnte, wir sollen den Agenten herschicken, es gäbe ein Formular. Gleichzeitig ruft uns Mustafa an, es gäbe ein Problem mit unseren Visa, wir sollen erklären warum wir im Dezember ohne Ino ausgereist sind!!! Mustafa ist mit einem Schreiben in etwa einer halben Stunde bei uns und gemeinsam bekommen wir das Formular, welches mit seinem Briefkopf versehen werden muss. Also zurück in die Firma um alles vorzubereiten. Das Hafen-Büro schließt bald und wir sind die letzten Kunden. Der Sachbearbeiter erklärt uns, wir sollen das ausgefüllte Formular an dem Tag bringen, an dem wir in den Hafen wollen!!!! Vorher müssen wir noch zur Hafen-Polizei ein NOC ausstellen lassen. Willkommen in Indien!!! Zwischendrin werden diverse Kopien gemacht, Ellen holt Bilder aus dem Ino, die wir für den Hafen-Pass brauchen, etliche Telefonate werden geführt und so vergeht der ganze Tag.
Gleich am frühen Morgen legen wir los. Eine ganze Latte voll Aufgaben steht vor uns. Der Ino wird im Fahrerhaus leergeräumt. Später fahren wir zum waschen um die Ecke. Es gibt noch einiges zu tun, so vergeht der ganze Tag. Am Abend gehen wir mit Mia und Brecht nebenan essen. Martin will uns ein Zimmer ab Donnerstag organisieren. Der nächste Morgen: Mustafa ruft an, wir treffen uns am yellow Gate. Unsere Daten werden überprüft und in ein Buch eingetragen und viel gestempelt. Jetzt geht es zum Immigration Office. Dort wird uns erklärt mit Toiuristen-Visa geht schon mal gar nichts, Geschäfts-Visa wäre ok. Diskussionen helfen nicht. Wir zum Custom, zur Help-Desk. Man kennt uns schon, Mr. Chandra will uns helfen. Nach Telefonaten geht es zum Assistent Commissioner, der klärt das mit dem Custom in Hafen, es soll gehen. Mustafa will wohl den Ino heute noch in den Hafen bringen. Entweder kommt ein Custom Mitarbeiter heraus oder wir dürfen mit hinein, mal sehen. Wir arbeiten nochmal am Ino, packen unsere sieben Sachen und verschenken an die umstehenden Inder unsere verderblichen Lebensmittel. Mitarbeiter der benachbarten Firma versorgen uns mit Tee und Keksen, unglaublich diese Gastfreundschaft. Mustafa ruft an, wir sollen gleich zum orange Gate kommen. Wie immer in Indien kommt alles ein wenig anders als erwartet. Wir stehen vor dem Gate und haben kaum Zeit unsere Rucksäcke aus dem Ino zu holen. Mustafa klettert in die Garage und schießt ein Foto von der Fahrgestellnummer der Ina. Ich erkläre in drei Worten dem Fahrer wie der Ino zu starten und abzustellen ist (ich hatte eine bebilderte Anleitung in´s Fahrerhaus gelegt) und schon sehen wir den Ino nur noch von hinten. Haben wir eigentlich alle Klappen und Türen abgeschlossen?? es wird schon alles gut gehen!!!
Martin hat uns ein Hotel reserviert, es liegt nicht gerade in der Nähe. Knapp 30 km können in Mumbai schon einige Stunden Fahrt bedeuten. Über die UberApp versuchen wir ein Taxi zu bekommen, leider ohne Erfolg. Wir wollen zum Bahnhof, ein Taxifahrer setzt uns dort ab. Der Zug fährt allerdings nicht in unsere Richtung. Neues Taxi zum Church Gate Bahnhof. Dort kaufen wir am Schalter ein Ticket 1. Klasse und schon sitzen wir im überfülltem Zug. Die Fahrt dauert etwa 1 Stunde, ist aber deutlich entspannter als eine stundenlange Autofahrt. 1. und 2. Klasse sind voll, auf die Frage warum Leute 1. Klasse nehmen, kommt die Antwort: die zweite Klasse ist noch voller!!??
Das Hotel ist schnell gefunden und schon sind wir auf dem Weg zum Veg-Restaurant vom Martin. Er hat für uns dort Essen organisiert, vielen Dank nochmal! Seit wir in Indien sind essen wir sehr gerne vegetarisch, was für mich vorher kaum vorstellbar war. Nirgends haben wir so eine abwechslungsreiche Küche wie in Indien erlebt.
Am nächsten Tag fahren wir wieder mit dem Zug in die Stadt und laufen zum Mustafas Büro um unser Bargeld für die Verschiffung loszuwerden. Das Fahrzeug ist noch nicht vermessen und so können wir nur den ungefähren Betrag anzahlen. Wir vertreiben uns die Zeit in der schönen Altstadt und stärken uns mit leckeren Snacks an diversen Ständen. Nach 8 Monaten ohne Magenprobleme haben wir wohl einen indischen Magen. Am Nachmittag ist Mustafa mit den Daten da, die Motorradbox wurde extra gemessen, da wir ja mit zwei Carnet unterwegs sind. Ist uns recht, da die Gesamtsumme kleiner wird. So eine Verschiffung ist schon spannend. Jetzt hoffen wir dass alles glatt geht und wir den Ino in Durban/Südafrika in Empfang nehemn können.
"Alles wird gut"!!!
8 Monate ist es her als wir etwas unsicher die Grenze nach Indien passiert haben. Jetzt laufen wir durch Mumbai und denken uns: Schön, dass wir es gemacht haben!!! Momentan würden wir sagen, Indien sieht uns wieder, es gibt noch so viel zu entdecken. Der Straßenverkehr ist chaotisch, gefährlich, aber beherrschbar. Wer typisch deutsch Verkehrserziehung betreiben will sollte nicht nach Indien fahren. Alles funktioniert nur, weil viele auf die egoistische Fahrweise einzelner Rücksicht nehmen und all das ohne Aggressivität.
Wir haben uns in den ganzen Monaten nicht einmal unsicher gefühlt, die Inder sind sicher neugierig (wir sind ja für die meisten wie ein UFO) aber sehr nett und hilfsbereit. Wenn einfach mal die Tür aufgeht, reicht es zu sagen: “this is privat“ und schon ist die Tür wieder zu. Wenn wir mal keine Lust auf “can i see inside“ hatten, nahmen die Inder das mit “ok, ok, no Problem“ hin und verabschiedeten sich mit dem typischen Kopfwackeln (mal schauen, ob ich es wieder los werde?) und einem Lächeln.
Andere Reisende haben uns gesagt, die meisten Länder auf ihrer Weiterreise sind eher langweilig, etwas lange Weile können wir aber schon gebrauchen, am meisten unsere Ohren….
Die letzten Tage in Mumbai erkunden wir ein wenig von der Stadt. Mit einem Touristen-Ticket lässt sich den ganzen Tag Bahn fahren. 8 Millionen Pendler nutzen jeden Tag die Bahn. Bei über 20 Millionen Menschen in einer Stadt funktioniert vieles erstaunlich gut. Unterwegs halten wir im Stadteil Dhobi Ghat an. Eine Freiluft-Wäscherei mit vielen Becken, Waschmaschienen und überall hängt Wäsche zum trocknen. Immer wieder schön anzuschauen sind die kleinen Läden. Ein Werkzeug Händler erklärt uns, dass er seit 45 Jahren in seinem kaum einen Meter breiten Laden (ich käme nicht mal rein) den Handel betreibt.
5000 Dabbawalas liefern 200 000 Essen in Mumbai aus. Die Büroangestellten bekommen von ihrem Zuhause oder einer Küche das Essen im Henkelmann an den Arbeitsplatz gebracht. Die Dabbawalas sind gut organisiert. Die Essensboxen sind mit Farben, Buchstaben und Ziffern kodiert, so dass es trotz mehrfacher Übergaben vom Sender zum Empfänger eine sehr hohe Liefergenauigkeit gibt, sogar die leeren Behälter werden wieder zurückgebracht.
Der Ino ist auf dem Schiff, sagt Mustafa und wir sollen morgen, vor dem Abflug, unsere Carnets und das Verschiffungsdokument erhalten. Ein neues Abenteuer kann beginnen!!!