Iran, Pakistan Mai
Wir verlassen Kerman.
Nachdem wir Ulli und Helga verabschiedet haben geht es mit Robert, Melanie und ihrem Hund Cosmo, nach dem Einkauf, in die Wüste Lut. Die Kalut's in der Wüste sehen spektakulär aus, mit abgelassener Luft fahren wir einige Kilometer um einen netten Nachtplatz zu finden. Welch eine Landschaft, hier hat die Natur wieder alles gegeben!
Durch die schöne Wüstenlandschaft und anschließend auf über 2700 Meter fahren wir nach Bam. Am Abend erreichen wir Bam und stellen uns an einen neuen Park. Der Ino verliert Bremsflüssigkeit, die Bremsleistung lässt auch nach. Der ALB tropft. Wir essen gemeinsam und ich will mit Robert am nächsten Morgen reparieren. Ein verlorener Stopfen wird durch Holz ersetzt, mal sehen ob es hält.
Unterwegs zaubern die beiden eine leckere Mahlzeit aus ihrem VW Bus. Weißwurst mit süßem Senf, frisch gebackene Laugenbrötchen und Weißbier!!!
Gegen Mittag fahren wir weiter nach Zahedan, nicht ohne vorher ein Eiscafé leerzukaufen. Wir kommen, bei 43° in der Talsenke, gut voran und erreichen bei Einbruch der Dunkelheit, ohne Eskorte, die etwas höher gelegene Stadt Zahedan. Am Ortseingang werden unsere Pässe kontrolliert und Daten aufgenommen. Auf dem Parkplatz des Hotels Tourist Inn kommen wir für 7,50 Euro unter und essen auch dort zu Abend. Ich falle absolut fertig ins Bett. Leider hat die Reparatur der Bremse nicht lange gehalten, es muss eine neue Lösung her. Ich stelle die Bremse nach und entlüfte sie noch einmal, mal sehen.
Gegen Mittag wird es wieder so heiß, dass man den Beton nicht mit den Füßen berühren kann. Weiter geht es zur Grenze. Ohne jegliche Eskorte dürfen wir bis in den Ort Mirjaveh. Wir stellen die Fahrzeuge ab und wollen etwas einkaufen. Das Dorf ist schon sehr seltsam, für uns ein wenig befremdlich aber die Menschen sind alle sehr nett. Wir kaufen Brot und laufen zurück zu den Fahrzeugen. Ein Polizeiwagen, begleitet von einem Motorrad bleibt bei uns stehen. Ein leicht verunsicherter Polizist mit einer schusssicheren Weste fragt was wir hier wollen? Ein etwas deutsch sprechender Techniker, der als Soldat hier stationiert ist übersetzt. Der Ort wäre sehr unsicher und wir müssen hier weg. Wir wollen zur Grenze und die Polizei begleitet uns bis zum Ortsrand. Kurz später werden wir an einer Polizeikontrolle festgehalten. Es dauert etwa eine halbe Stunde und wir werden in den Ort zum Hotel zurück eskortiert. Dort bekommen wir ein Abendessen und stehen auf dem Parkplatz. Waren wir zu blauäugig? Ist es hier wirklich gefährlich oder werden wir einfach nur verunsichert?
Am nächsten Morgen stehen wir an der Grenze. Erstaunlich einfach werden wir durch die verschiedenen Stellen begleitet und plötzlich sind wir in Pakistan. Das Kopftuch darf fallen und das Rechtsfahrgebot auch. Wir werden befragt welche Route wir fahren und es wird uns eine Eskorte zugeteilt.
Wir stürzen uns ins neue Abenteuer, welch ein Land! Das Leben schäumt auf wie eine Brausetablette im Mund. Unglaublich, die vielen Menschen, der Verkehr, die wunderschönen LKW's! Wie kleine Kinder fotografieren wir alles und können uns nicht satt sehen.
In Dalbandin ist die Bremse wieder undicht, eine Lösung muss her. Ich klemme den ALB ab, die Bremsleistung wird jetzt nicht mehr lastabhängig geregelt. Die Bremse funktioniert jetzt gut. Dafür hat die Wand vom Hotelparkplatz das Rücklicht der Garage abgebissen. Am nächsten Morgen fahren wir bis Quetta. Ins Hotel passen wir nicht (die Einfahrt ist zu niedrig), lange Diskussion mit den Verantwortlichen, am Ende parken wir um die Ecke auf dem Hinterhof von einem Kino.
Am nächsten Morgen werden wir von der Polizei abgeholt und zur Verwaltung gebracht. Nach ca. 2 Stunden haben wir unser NOC Papier zur Weiterreise und verlassen zügig die Stadt. Wir schlafen an einer Polizeistation unterwegs. Nach längerer Diskussion lassen sie uns hier stehen, eigentlich dürfen wir nicht. Die Diskussionen werden uns die nächsten Tage weiter begleiten. Wenn wir etwas einkaufen wollen oder nur tanken, bleiben wir einfach stehen, die Eskorte kommt zurück und versucht die Lage unter Kontrolle zu halten. Selbstbestimmung ist etwas anderes aber sie tun alles um uns zu beschützen, welch ein Aufwand und die daraus resultierenden Kosten. Manchmal fahren die Eskorten so langsam, dass wir sie einfach überholen um später wieder eingefangen zu werden. Etwa 1800 Kilometer werden wir, größtenteils durch Belutschistan, in 5 Tagen eskortiert, unzählige Wechsel finden statt, oft ohne anzuhalten. Dalbandin, Quetta, Sukkur, Multan, Islamabad, das waren die Orte der letzten Tage. Teilweise bis zu elf Stunden fahren bei Temperaturen bis 48°(Sibi ist einer der heißesten Orte in Asien) nachts schlafen bei weit über 30°. Das geht an die Substanz! Vielleicht doch eine Klimaanlage?
Hinter Multan an der Autobahn werden wir endlich entlassen, wir dürfen jetzt alleine fahren. Die letzten Kilometer fahren wir über sehr gut ausgebaute Autobahnen bis in die Stadt. In Islamabad angekommen fahren wir zum ausgewiesenen Campingplatz um zu erfahren, dass dieser seit 3 Jahren wegen der Sicherheitslage geschlossen ist. Wir beraten uns, von der Polizei umgeben, einige sagen, sie würden auf uns aufpassen. Plötzlich taucht Ali auf, er spricht deutsch und sein Freund hat ein Lokal im Universitätsgelände. Der Platz bietet sich an, etwas oberhalb der Stadt, im Grünen, welch ein Glück. Am Abend werden wir eingeladen, es gibt ein typischen pakistanischen Hühnertopf mit selbstgebackenem Brot.
Mit Robert und Melanie fahren wir in die Stadt und schauen uns eine Mall an. Ein Sicherheitscheck am Eingang, wie an jedem Flughafen. Viele jungen Menschen, Frauen meist ohne Kopftuch, alle namhaften Fastfood-Ketten sind hier vertreten. Das ist ein völlig anderes Pakistan als wir es bis jetzt kennen gelernt haben. Sehr viel Polizei und Militär, fast an jeder Kreuzung. Anschließend fahren wir nach Rawalpindi, übergangslos sind wir wieder in dem Pakistan wie wir es bis jetzt erlebt haben. Hier dürfen sich wieder die dreirädrigen "Taxi's" durch den Verkehr quetschen, in Islamabad sind sie verboten. Es pulsiert das Leben wieder entlang der Straße. Man kann die Eindrücke kaum in Bildern festhalten, alle freuen sich uns zu sehen. Wie jeden Abend sind wir von den Eindrücken überwältigt.
Wir wollen in den "Northern Areas of Pakistan" fahren, einmal den Karakorum Highway unter die Räder nehmen. In Mansehra biegen wir von der N-35 auf die N-15. Die Straße schlängelt sich entlang des Flusses in die Berge. Wir übernachten auf dem Parkplatz des Bansra Gali Murree Wildparks. Am nächsten morgen staunen wir nicht schlecht als wir, unter anderem, einen sibirischen Tiger sehen, ein wunderschönes Tier, kaum zu glauben wie groß so eine Katze in Wirklichkeit ist. Weiter geht es über Murree in die Berge.
Mehrmals müssen wir auf der Weiterfahrt Schneefelder passieren. Rechts und links teilweise 5 Meter hohe Schneewände, der Ino schaukelt über die Schneereste mit vielen Steinen gespickt durch die Passagen. Die LKW's sind schmaler als unser Aufbau und so müssen wir teilweise Steine zur Seite räumen, damit der Aufbau nicht an der Schneewand anschlägt. Wir kommen bis Naran, dort ist erstmal Ende, der Pass mit seinen 4200 Metern ist noch geschlossen. Naran ist einer der Ausflugsorte in Pakistan.
Der Gletschersee Saif-ul-Maluk Lake auf über 3200 Meter ist unser heutiges Ziel. Mit unseren Fahrzeugen geht nichts aber es warten viele Jeep's auf Gäste. Der Weg ist eigentlich gar keiner. Geröll, teilweise abgerutschte Engstellen, wir halten die Luft an. Erst nach dem Hinweis doch bitte etwas langsamer zu fahren hören die Schreie im hinteren Teil des Jeep's auf. Abenteuerlich schlängelt sich die Piste über Geröll und durch Schneefelder den Berg hinauf. Am Ende steht ein Restaurant und viele Jeeps. Wir laufen noch einige Meter im Schnee und stehen am See, Es ist schon fast kitschig schön hier, ein paar kleine Wolken runden das Panorama ab. Dieser Ort scheint sehr beliebt zu sein, es gibt überall etwas zu trinken und zu essen. Es dauert recht lange bis wir mit dem Jeep wieder die Abfahrt antreten können. Alles ist voller Jeep's und die Piste ist kaum autobreit aber wir schaffen es gesund und munter -ein wenig durchgeschüttelt- unten anzukommen.
Wir müssen zurück bis Manshera, da nicht klar ist wann der Pass wieder befahrbar ist. Jetzt bleiben wir auf der N-35, dem Karakorum Highway. Über Besham und Chilas fahren wir nach Gilgit. Unterwegs übernachten wir meist auf Hotelparkplätzen, größtenteils kostenlos, die staatlichen PTDC Hotels sind eine gute Adresse. Teilweise fahren wir frei aber oft folgen wir einer Eskorte. Der Karakorum ist über viele Kilometer eine üble Piste, nach Erdrutschen und Lawinen ist das Fahren recht anstrengend und mit 18 km/h Tagesschnitt kommt man auch nicht richtig vorwärts. Der Ino schaukelt und holpert über die Piste, seine härteste Belastung. Inzwischen sind alle vier Schlösser an der Garage zerbrochen, die Ina wird in der Garage, trotz guter Befestigung, hin und her geschmissen. Der Reifen hat die Tür nach außen gebeult, es gibt immer etwas zu tun. Erst etwa 80 Kilometer vor Gilgit kommen wir auf eine, von den Chinesen gebaute, neue Straße. Welch eine Wohltat. Wir halten am Aussichtspunkt und bestaunen den Nanga Parbat mit 8126 Metern, wow!!!Natürlich gibt es auch auf der neuen Straße immer wieder Erdrutsche und dadurch fahren am Abgrund auf kaum befestigten Engstellen, der Berg lebt!
Unsere Erfahrung nach fast drei Wochen Pakistan. Ein wunderschönes, sehr abwechslungsreiches Land mit vier Jahreszeiten innerhalb weniger Kilometer. Während auf den Bergen noch Schnee liegt, wird in den Tälern bereits der Weizen geerntet. Die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit, jeden Tag begegnen uns bärtige Männer, die in Europa einem bestimmten Klischee entsprechen aber uns hier mit einem Lächeln “welcome to Pakistan“ zuwinken. Die pakistanische Küche ist lecker, es gibt überall kleine Restaurants am Straßenrand. Natürlich ist die Polizei und Militär Präsenz nicht zu übersehen, wir fühlen uns aber nie unsicher.
Der Verkehr ist ein wenig chaotisch, es wird immer und überall gehupt aber immer freundlich, es ist eher ein Hinweis, ich bin hier! Die LKW Fahrer fahren immer, auch auf den engsten Straßen, zur Seite wenn wir überholen wollen, jeder lässt jeden leben, meistens. Der Beifahrer übernimmt hier eine sehr wichtige Rolle, wenn ich den Gegenverkehr sehen möchte ist Ellen schon im entgegenkommenden LKW verschwunden. Achtung vor den Überlandbussen ist angesagt, die leben in einer Parallelwelt, für die gibt es keinen Verkehr, Hupe und durch, geht meist auch gut.
Gilgit ist die letzte größere Stadt auf dem Weg in die Berge. Während Robert und Melanie den Weg zur chinesischen Grenze angehen, machen wir uns einen entspannten Regentag im Ino. Ausgeruht starten auch wir auf den nördlichen Teil des Karakorum Highway. Die Straße ist ab hier von den Chinesen sehr gut ausgebaut. Bis auf einige Erdrutsche kommen wir flott voran. Wir tauchen in die Welt von Hunza ein.
Der Hauptort Karimabad liegt am Berg, abseits des Karakorum. Wir kaufen Aprikosenmarmelade, getrocknete Aprikosen und Walnüsse. Umgeben von hohen Bergen fahren wir durch grüne Felder, die Bäume hängen voller Kirschen und die Rosen blühen.
Der Attaabad Lake ist nach einem Erdrutsch vor etwa 5 Jahren entstanden und das obere Hunzatal war abgeschnitten, nur noch per Boot zu erreichen. Die Chinesen waren aber, wie auch jetzt, sehr hilfsbereit. Fünf Tunnel sind seit etwa einem halben Jahr fertig und der Handelsweg ist wieder offen.
Hunza ist anders, die Menschen sehen nicht nur anders aus, sie leben auch ihr eigenes Leben. Viele Frauen tragen keine Kopftücher, sind gleichberechtigt was Bildung und Arbeit angeht und sie haben eine eigene Sprache, die mit keiner anderen verwandt ist. In Gulmit treffen wir wieder R&M und besuchen gemeinsam das Museum sowie eine Kooperative, in der Frauen Teppiche weben und knüpfen. Danach geht’s zur Schule. Die Gemeinde hat eine gemischte Schule aufgebaut, 350 Jungen und Mädchen aus dem gesamten oberen Hunzatal gehen hier zur Schule. Es ist ein Mädcheninternat angeschlossen. Die Gebäude sind in Eigenleistung der Gemeinde entstanden, es wird sehr viel Wert auf Bildung gelegt. Wir dürfen uns einige Klassenzimmer sowie den Computerraum anschauen, gemischte Klassen sind in Pakistan eine Ausnahme, stolz erklärt uns der Direktor seine Schule.
Einige Kilometer weiter verbindet eine spektakuläre Hängebrücke die beiden Seiten des Hunza Rivers. Sie wird oft überflutet, so sind die Bretter recht spärlich montiert. Es kostet uns einige Überwindung die Brücke zu begehen, außer Robert der Kletterer, er bewegt sich hängend unter der Brücke fort....
Die ganze Gegend ist so schön, man möchte ununterbrochen Fotos machen um die Eindrücke festzuhalten. In Passu wollen wir einen Gletscher aus der Nähe sehen. Wir treffen auf eine Gruppe Radfahrer aus Islamabad, die auf dem Kunjarab Pass wollen. Während die vier hinauf radeln macht Asfa mit uns eine Wanderung zum Gletscher. Ich bin am Abend echt fertig, vier Stunden bei der dünnen Luft ist für einen “alten Mann“ schon recht viel. Am Abend essen wir gemeinsam, alle Radler haben es auf 4700 Meter geschafft, das ist eine echte Leistung! Einer der vier ist Thomas, er arbeitet bei der deutschen Botschaft in Islamabad, es ist ein netter Abend. Überhaupt treffen wir hier ständig auf nette Menschen, überall haben wir das Gefühl, dass wir willkommen sind.
Robert und Melanie wollen Richtung Skardu und wir Richtung Grenze. Über Sost fahren wir die letzten Kilometer den Karakorum hinauf. Unterwegs schauen wir uns wieder die wunderschönen, aufwendig verzierten LKW's an. Etwa 16 Euro werden für den Eintritt in den Naturpark fällig (etwa das zwanzigfache der Pakistaner). Durch eine wunderschöne Bergwelt steigt die Straße langsam an, erst kurz vor dem Pass durchfahren wir einige Kehren und stehen an der chinesischen Grenze. Das Navi zeigt 4715 Meter und unser Handy loggt sich im chinesischen Netz ein. Wir gehen kurz hinter die Grenzlinie, also sind wir in China. Einige Touristen schießen wie wild Bilder von der Grenze und auch von uns. Jeder will nochmal und wir merken, das hin und her in der dünnen Luft lässt den Körper schnell reagieren, uns wird schwindelig. Tief durchatmen und dann geht es schon wieder. Dem Ino bekommt die dünne Luft besser, solange der Drehzahlmesser über 2000 U/min anzeigt, darunter nebeln wir nur die Landschaft ein.
Bei kaum 5 Grad ist es nicht wirklich gemütlich aber ein Erlebnis der besonderen Art, der höchst gelegene Grenzübergang der Welt. Auf dem Weg zurück genießen wir die Landschaft und machen ganz viel Bilder.